Wer trägt das Baugrundrisiko?
„Baugrundrisiko ist Bauherrenrisiko“ – ein oft gehörter Satz. Aber was bedeutet er und stimmt diese pauschale Aussage wirklich?
Mit Baugrundrisiko ist das Risiko gemeint, dass sich die Beschaffenheit des Bodens eines Baugrundstücks im Nachhinein anders darstellt als sie erwartet wurde. Diese Thematik kommt zumeist dann auf, wenn die Bodenverhältnisse Probleme bereiten und dadurch teurere bzw. aufwendigere Maßnahmen zu ergreifen sind, um das Bauprojekt umzusetzen. Wird entgegen der ursprünglichen Erwartung beispielsweise kontaminierter Boden vorgefunden, kostet dessen Entsorgung deutlich mehr als die einer unbedenklichen Bodenklasse. Dies führt zu Mehrkosten. Gleiches gilt, wenn nach dem Aushub der Baugrube festgestellt wird, dass so viel Grund- und/oder Schichtenwasser vorhanden ist, dass entgegen der ursprünglichen Planung eine ständige Wasserhaltung und eine wasserdichte Ausführung des Baukörpers im erdberührten Bereich erforderlich werden.
Wer diese Mehrkosten trägt, lässt sich oftmals nicht nur anhand der gesetzlichen Regelungen, die diese Thematik erfassen, lösen. Vielmehr kommt es für die Lösung der Frage meistens auf den Inhalt des abgeschlossenen Vertrags an. Schließen Auftragnehmer und Bauherr einen Pauschalvertrag ab und regeln nichts zum Baugrund, geht es in der Regel zu Lasten des Auftragnehmers, wenn er schlechtere Bodenverhältnisse vorfindet als gedacht.
Wird im Vertrag hingegen klar definiert, was die Parteien hinsichtlich der Bodenverhältnisse erwarten und welche Leistungen vom Auftragnehmer geschuldet sind, wirkt es sich in der Regel zu Lasten des Bauherrn aus, wenn tatsächlich schlechtere Bodenverhältnisse vorgefunden werden. Die damit einhergehenden Mehrkosten hat in der Regel er zu tragen.
Von Bedeutung für die Risikoverteilung kann auch sein, ob es für das Baugrundstück ein Bodengutachten gibt und wenn ja, ob dieses auch richtig ist und von wem es beauftragt wurde. Stellt sich ein vom Auftraggeber veranlasstes Gutachten als falsch heraus, geht dies im Verhältnis zum Bauunternehmer zwar immer noch zu Lasten des Bauherrn. Dieser kann sich aber möglicherweise beim Gutachter schadlos halten, wenn dieser bei der Erstellung des Gutachtens Fehler begangen hat.
Die Aussage „Baugrundrisiko ist Bauherrenrisiko“ ist daher zu pauschal. Es kommt stets auf den Einzelfall – und insbesondere den Inhalt des abgeschlossenen Vertrags – an, um das Risiko hinsichtlich des Baugrundes dem Bauherrn oder dem Auftragnehmer zuweisen zu können. Stets empfiehlt es sich, dieses Risiko bei Abschluss eines Bauvertrags zu berücksichtigen und entsprechend zu regeln.