Auch beim VOB/B-Bauvertrag gilt in den meisten Fällen keine Preisfortschreibung mehr!

Beim BGB-Bauvertrag dürfte spätestens seit der Baurechtsreform zum 01.01.2018 klar sein, dass eine Nachtragsvergütung für zusätzlich zu erbringende Leistungen nicht aus der Urkalkulation heraus entwickelt werden muss, sondern sich nach den tatsächlich erforderlichen Kosten nebst angemessenen Zuschlägen für Allgemeine Geschäftskosten (AGK) und Wagnis und Gewinn bestimmt. Das ist in § 650c Abs. 1 BGB ausdrücklich geregelt.

Auch bei VOB/B-Bauverträgen spielt die Urkalkulation nach den jüngsten Entwicklungen in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung nunmehr vielfach keine Rolle mehr, zumindest nicht, wenn es um die Frage der Höhe des Vergütungsanspruchs des Bauunternehmers

  • bei Mengenüber-/Mengenunterschreitungen (§ 2 Abs. 3 VOB/B),
  • bei einer Änderung des Bauentwurfs (§ 2 Abs. 5 VOB/B) oder
  • bei zusätzlich erbrachten Leistungen (§ 2 Abs. 6 VOB/B)

geht. Der BGH hat entschieden, dass sowohl bei Mengenunterschreitungen als auch bei Mengenmehrungen von jeweils über 10 % nunmehr die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge für die Höhe des Vergütungsanspruchs maßgeblich sind.[1] Die obergerichtliche Rechtsprechung bestreitet diesen vom BGH eingeleiteten Paradigmenwechsel noch etwas weiter und kommt in mehreren Urteilen zu dem Ergebnis, dass auch bei einer Änderung des Bauentwurfs oder zusätzlich erbrachten Leistungen auf die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge abzustellen sei und nicht mehr auf die ursprünglich kalkulierten Vertragspreise.[2]

Bauunternehmer sind also auch bei VOB/B-Verträgen nicht mehr zwangsläufig an ihre Urkalkulation bzw. ihre vorkalkulatorischen Preise gebunden!

 

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[1] Vgl. BGH, Urteil v. 8.8.2019, VII ZR 34/18.

[2] Vgl. KG, Urteil v. 10.07.18, 21 U 30/17; KG, Urteil v. 27.8.2019, 21 U 160/18 (jeweils zu § 2 Abs. 5-7 VOB/B); OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.12.2019, 5 U 52/19 (zu § 2 Abs. 5 VOB/B); OLG Brandenburg, Urteil v. 22.4.2020, 11 U 153/18 (zu § 2 Abs. 6 VOB/B).